Diesen Poetry-Slam-Text habe ich ursprünglich geschrieben für das Sommer-Special vom Bergisch Gladbacher ReimBerg Slam im Juli 2017. In Kooperation mit der Kampagne Weltbaustellen NRW ging es darum, einen Abend rund um die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung zu gestalten. Und als jemand, der sich dem Thema zwar im Kleinen öfter stellt, aber im Machen leider meilenweit entfernt ist vom bewunderswerten Einsatz vieler Aktivist*innen, wollte ich vor allem Zugänglichkeit schaffen. Einen Text für all jene, die sich überfordert fühlen, aber trotzdem gerne ihren Teil beitragen möchten. Denn das Gefühl der Ohnmacht in Anbetracht von Klimaentwicklung und vielem mehr kenne ich nur allzu gut. Dann gab es einen Gedanken, der mir geholfen hat. Und schließlich zum Titel dieses Textes geworden ist: Da sind Menschen.
Da sind Menschen, die etwas tun.
Die nicht ruhen und sich nicht einengen lassen von vorherrschenden Meinungen
und die nicht warten, bis ein Problem erst prangt in großen Schicksalslettern vorne auf der Zeitung
oder bis der Staat endlich was tut, denn das müsse er ja schließlich irgendwann.
Denn das sind Menschen, die sagen: Ich habe diese Verantwortung. Und die nehme ich auch an.
Da sind Menschen, die hinsehen statt wegschauen.
Die wissen, dass wir nicht könnten, sollten, müssten – sondern dass die Welt unser Handeln jetzt braucht.
Oder vielmehr schon längst gebraucht hätte.
Und so durchbrechen sie die Kette
der Ohnmacht, um einfach mal anzufangen, denn ganz ehrlich: Was haben wir denn schon zu verlieren,
wenn wir eben mal machen, anstatt weiter über Notwendigkeit zu diskutieren?
Denn wenn wir tun und es zeigt sich dann, es wär auch so noch mal irgendwie gutgegangen, ja, dann sei es drum.
Doch wenn wir nichts tun und es geht schief, … ja, das wär schon irgendwie dumm …
Was bringen uns Geschwätz und Raserei,
der ewige Kampf um die Rechthaberei,
wenn wir nicht einmal wissen, ob am Ende von unserm Vermächtnis was bleibt?
Da sind Menschen, die sich umdrehen – aber nicht um zu gehen, sondern um anderen Bescheid zu geben.
Und sie tun das nicht, um reinzureden und breit zu treten oder damit’s geteilt wird in den Medien,
sondern weil sie fühlen, dass wir unsern Scheiß hier nicht mehr regeln, wenn wir nicht bereit sind, einzustehen, den Finger auf den Zahn der Zeit zu legen und hier und da mit Einschränkung zu leben, um gemeinsam etwas zu schaffen für das Heil unseres Planeten – und damit ja letztendlich auch für uns selbst.
Da sind Menschen, die noch Kinder sind und trotzdem tun, was manch Erwachsener nicht wagt.
Oder: „Tut mir leid, hab keine Zeit, denn es ist grad und sowieso ein harter Tag …“
Ja, das ist leicht verständlich.
Trotzdem reicht es endlich.
Zum Glück sind da schon Menschen.
Doch es wäre gut, wenn da noch mehr sind, denn sonst schaffen sie das nicht.
Seit Beginn der Messungen ist die Durchschnittstemperatur auf der Erde immer weiter angestiegen. Zwar insgesamt nur um etwas mehr als ein Grad, aber die Folgen auf das Klima sind heute bereits spürbar und niemand weiß, was uns noch erwartet.
Fast 300 Milliarden Tonnen Eis schmelzen pro Jahr in Grönland dahin und in der Arktis toben gigantische Feuer, weil sich selbst dort die Trockenheit bemerkbar macht. Mehr als 110.000 Hektar Wald gehen in Deutschland den Bach runter durch die Dürre- und Sturmschäden im letzten Jahr und durch Borkenkäfer, die sich dadurch immer weiter ausbreiten.
Und trotzdem blasen wir weiter CO2 in die Luft in unfassbaren Mengen – und auch wenn wir an vielen Stellen keinen allzu großen Einfluss haben, so können wir doch an anderen etwas tun:
Denn für ein Kilo Rindfleisch werden 13,3 Kilo Co2 freigesetzt. Das sind 76 Km mit dem Auto, 63 km mit dem Flugzeug oder 369 km mit dem Fernzug. Und Butter verursacht mit 23,8 Kilo fast doppelt so viel Co2 – was bedeutet, wir könnten mit einem Kilo Butter rund 661 km mit dem Zug zurücklegen. Was locker von hier bis nach [München] reichen würde und sich bestimmt auch figurtechnisch ganz gut macht.
Aber in der Hinsicht machen wir ja schon was: Denn im Schnitt schmeißt jeder von uns pro Jahr rund 82 Kilo an Lebensmitteln weg. Das ist mehr als ich wiege! Hoffe ich zumindest. Und das wären immerhin gut 8 Kilo Nahrung für jeden der rund 821 Millionen Menschen, die weltweit hungern müssen. Allein durch das, was in unserem Land an Essen überbleibt.
Gleichzeitig schmeißen wir auf der ganzen Welt rund 320.000 Coffee-to-go-Becher weg – pro Stunde. Und jedes Jahr werden rund 400 Millionen Tonnen Kunststoff hergestellt. Das wäre 40.000 mal der Eiffelturm oder 1.333 mal der Kölner Dom. Und 15.000 Kilo Plastikmüll gelangen jede Minute in die Ozeane. Die Bilder von Tieren, die sich im Plastik verheddern, haben wir sicher alle schon mal gesehen.
Und das sind nur ein paar Zahlen und Fakten, von denen es noch so viel mehr gibt.
Aber was hat das mit mir zu tun? Ich kann doch eh nichts machen …
Ja, wir brauchen auf der einen Seite mehr Visionäre, mehr Tagträumer und Macher allen Widerständen zum Trotz, ebenjene Menschen, die die ganz großen Hebel finden und dann auch den Mut haben, sie umzulegen, um nicht nur einen Tropfen auf den heißen Stein, sondern eine wahre Flut der Veränderung zu schaffen.
Aber wir brauchen auf der anderen Seite auch jene, die nur ein bisschen was tun und damit gemeinsam zu Tausenden und Millionen schließlich auch etwas erreichen. Eine kleine Veränderung reicht vielleicht nicht, um die Welt zu retten – doch sie ist ein Anfang. Und auf einen Schritt folgen oft weitere, denn sind wir erst dabei, dann ist Bewegung oft gar nicht mehr so schwer.
Außerdem hilft es, anders zu denken, anders zu handeln – weil dann auch die Wirtschaft anders denken muss.
Die Rüggenwälder Mühle steigt um auf vegane Produkte, Shell will zum größten Stromanbieter der Welt werden und selbst Lego forscht seit Jahren mit pflanzlichen Kunststoffen, um künftig auf Plastik zu verzichten. Obwohl es gerade da ja gar nicht so notwendig wäre, denn ganz ehrlich: Wer kommt bitte auf die Idee, Lego jemals wegzuschmeißen?
Und ja, am Ende geht es immer noch um Geld – aber die Veränderung ist trotzdem gut. Und wir können dazu beitragen, dass Firmen etwas verändern müssen.
Und auch sonst gibt es tausend Dinge, die wir tun können:
Einfach mal etwas weniger einkaufen, um später nicht ganz so viel wegzuschmeißen.
Ein paar Meter zu Fuß gehen, anstatt immer mit dem Auto unterwegs.
Keine Erdbeeren im Dezember und lieber das kaufen, was hier gerade geerntet wurde.
Etwas weniger Fleisch essen und sich dafür ab und zu was richtig Gutes vom Landhof gönnen.
Das erste Fair-Trade-Shirt kaufen und schauen, wie es sich anfühlt auf der Haut.
An einem Upcycling-Workshop teilnehmen und vielleicht ja gar das eigene Talent für Design entdecken.
Im überheißen Sommer mit einer Gießkanne eine kleine Runde vor der Tür drehen, um den Blumen und Sträuchern zu helfen.
Und ein paar Näpfe mit Wasser nach draußen stellen für die Tiere und vielleicht in der Nähe warten und zuschauen, weil es einfach schön ist, das Gefühl.
Sich nicht nur ärgern, wenn die neuen Schuhe ankommen in einem Paket, das für einen Kleinwagen gereicht hätte, sondern sich tatsächlich mal beschweren und anmerken, dass die künstliche Intelligenz vielleicht doch nicht so gut darin ist, die optimale Packungsgröße zu bestimmen. Und vielleicht beim nächsten Mal zum Schuhladen um die Ecke oder mit dem Fahrrad ein Stück weiter in die Stadt.
Vor dem nächsten Einkauf an den verdammten Stoffbeutel denken, weil die Kammer ja schon längst überquillt von den vielen Papier- und Plastiktüten.
Und vielleicht sogar einfach mal auf die Straße gehen, wenn es für das Richtige ist.
Und vor allem: Miteinander reden, sich austauschen, ohne zu verurteilen, und Brücken bauen, um gemeinsam neue Wege zu erschließen.
So viel, was wir tun können. Und das meiste davon tut nicht einmal weh. Es sei denn, wir tun nichts. Dann wahrscheinlich schon.
Da sind Menschen, die etwas tun. Und wir können ein Teil von ihnen sein.
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